Schrobenhausener Band Pawn Painters zwischen Filmkamera und Grundlinie

2022-11-07 16:50:33 By : Ms. MIRA XIA

Die Pawn Painters beim Videodreh auf der Anlage des Schrobenhausener Tennisclubs, von links Bassist Jakob Schmidt, kreativer Part Michael Wagner, Sänger Simon Mennes und Gitarrist Felix Kreitmeier. Fotos: T. Floerecke

Der Schrobenhausener Indie-Band Pawn Painters haben wir beim aktuellen Videodreh über die Schulter geschaut.

Ein blonder Bursche im Retro-Tennisoutfit, der sonst eher am Schlagzeug sitzt, macht Siegerposen vor der Filmkamera. Es könnte eine Art Becker-Faust von Fabian Wiltschko gewesen sein. Am Netz klatschen sich Jakob „Bagel“ Schmidt und Felix Kreitmeier mit den Händen ab. Simon Mennes auf der gegenüberliegenden Platzseite bespricht sich vor seinem Aufschlag mit dem Kameramann. Währenddessen bewegt sich die Filmdrohne über dem Spielfeld, um abwechslungsreiche Perspektiven von oben festzuhalten. Es ist Drehtag der Pawn Painters auf dem Gelände des Schrobenhausener Tennisclubs für ihr Musikvideo zum Song „Dur Moll“. Im Mittelpunkt, erzählt Sänger und Frontmann Simon Mennes, stünden „besonders prägnante Szenen aus der Bewegung heraus“, statisch möchten sie auf keinen Fall im späteren Video rüberkommen. Schließlich sei der Song besonders rockig und dynamisch. Um das so hinzubekommen, ist an diesem Nachmittag Levin Cyhlar dabei. Er dreht, führt Regie und produziert das Video. Der 24-jährige Eichstätter war bereits Videograph bei zwei früheren Clips der Pawn Painters.

Die besten Ideen kommen oft spontan oder nebenbei. So etwa vor wenigen Monaten im Tonstudio bei den Aufnahmen von „Dur Moll“, in dem es um das vergebliche Festhalten an einer anderen Person geht. Nebenbei lief im Fernsehen Fußball-Champions League. Und da war er, der Blitzgedanke der Mitt-Zwanziger: Der schnelle Song passt ja optimal zum Fußball. Und überhaupt zu Ballsportarten. Wieso also nicht ein Songvideo mit Sport drehen? Die Idee mit Tennis war geboren. Die Aufnahmen mit der Hobbyfilmdrohne sind zwischenzeitlich im Kasten. Jetzt kommt die Handkamera mitsamt tragbarem Stativ zum Einsatz. Es geht um Nahaufnahmen. Aus dem Hintergrund ertönt laut „Dur Moll“, während Simon Mennes diese Textzeile in die frontal auf ihn gerichtete Kamera singt: „Hazing And Runnin‘, Runnin‘ Around.“ Sein Kopf ist leicht nach vorne gebeugt, sein Gesichtsausdruck bewusst energisch. Ansonsten soll im fertigen Video von den Bandmitgliedern nicht gesungen werden. Auf Instrumente haben sie beim Dreh bewusst verzichtet. Ein im Detail vorbereitetes Skript, das gibt es nicht. Vielmehr, sagt Jakob Schmidt, möchte die Band Platz für Spontanität haben. Mal fällt ihnen eine Szene aus der japanischen Serie „Dragon Ball Z“ ein, mal soll der Fokus mit der Kamera ganz plötzlich auf das Schleppnetz zum Platzabziehen gerichtet sein. Zwischendrin kommt Michael Wagner ins Spiel. Er ist als Schauspieler und kreativer Part engagiert worden. Gestreiftes Shirt, schwarzer Anzug, weiße Turnschuhe. In der nächsten Szene schlüpft der Aresinger in die Rolle des Schiedsrichters. Die Anweisung: Er solle seinen Arbeitsplatz aus gut zwei Metern Höhe verlassen und den Tennisspielern ganz genau den Abdruck des soeben Aus gegebenen Balles zeigen. Funktioniert beim ersten Mal auch gleich. Aus der Runde kommt währenddessen natürlich lautstark das, was kommen muss: „This ball was called in.“

Es herrscht gute Stimmung. Wie soll es bei den Pawn Painters auch anders sein. Vielleicht liegt es auch daran, weil sich die vier Kumpels selbst nicht so wichtig nehmen. Auch nicht, was ihre Tennisfähigkeiten angeht. Alle haben bisher schon kürzer oder länger aktiv gespielt. Das ist aber lange her. Die Musik ist ihnen im Vergleich dazu wichtiger. Seit 2016 gibt es die Schrobenhausener Indie-Band. Längst haben sie ihren eigenen Sound gefunden. Wie sie ihn selbst beschreiben? „Vintage-orientiert, kombiniert mit modernen, sphärischen Klängen hin zu treibenden Indie- und Alternative-Beats.“ Auftritte voriges Jahr in der Südkurve im Münchner Olympiastadion bei der Sommerbühne oder beim Taubertal-Festival 2018 stehen auf ihrer Habenseite. Im Sommer waren sie, wie schon vor den Corona-Jahren, bayernweit unterwegs: Erlangen, Landshut, Ingolstadt, auch in Eichstätt bei Rock am Berg und als Lokalmatadoren beim Noisehausen-Festival. Levin Cyhlar platziert seine Filmkamera nun in Netznähe. Detail Shots möchte er drehen, während Felix Kreitmeier von der Grundlinie aus den Stoppball erlaufen soll. Zwischendrin spielen die Musiker immer wieder mal einen Punkt auf der roten Asche aus. Gefilmt wird nach und nach, was möglich ist: Szenen in Action, fokussierte Posen mit Freude und bei Enttäuschung, lustige Momentaufnahmen. Etwa das Schlägerdrehen in der Hand von Jakob Schmidt oder das langsame Rollen der gelben Filzkugel ins Netz. Diese kurzen Sequenzen, erzählt Levin Cyhlar, sollen später beim Videobearbeiten eingebaut werden. Wichtig für ihn ist es hier und heute, dass „die offenblendig gefilmten Aufnahmen im fertigen Video cinematisch ausschauen“. Was für ihn zum zeitgemäßen Kino-Look unter anderem gehört: besonders breites Seitenformat, leicht bläulich-grünlicher Farbtouch, Hintergrund- und Tiefenunschärfe, bisweilen leichte Verlangsamung der Abspielgeschwindigkeit. Und, und, und. Zwischendrin nimmt er seine Kamera immer wieder vom Stativ, ändert die Einstellungen manuell.

Am Ende sind 30 unterschiedliche Einzelszenen im Kasten. Zuhause gilt es für den Videographen, sie zu sortieren, die bestmögliche Reihenfolge zu finden, zu scheiden, Licht- und Sound einzuarbeiten. Und vieles mehr. Veröffentlicht werden soll das fertige Video Anfang des neuen Jahres. Das Album der Band, das erste überhaupt, soll etwas später folgen. Auf Schallplatte. Darauf befinden sich dann neun Lieder, darunter „Dur Moll“. Bisher haben sie ihre Stücke (zum Beispiel „Drifting“, „Under The Sun“ oder „Running Around“) ausschließlich auf Maxi-Singles in CD-Form und über Streamingdienste veröffentlicht. Ein Vorgeschmack von „Dur Moll“ in einer Live-Version übrigens ist auf dem Youtube-Kanal der Pawn Painters abrufbar.

Schlagzeuger Fabian Wiltschko beim gelungenen Tweener, den gespielten Ball durch die Beine). Fotos: T. Floerecke

Michael Wagner auf dem Schiedsrichterstuhl. Fotos: T. Floerecke